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...DAS IST SO SPANNEND

Mit dem ehrenamtlichen Englisch-Lehrer auf gedanklicher Abenteuer-Reise (Unser Kolumnist hat in seinem Englisch- Unterricht schon eine kleine Fan-Gruppe)


Während einiger Jahre im Ausland hatte ich mich ehrenamtlich betätigt und suchte dann, als ich 2017 nach Deutschland zurückkehrte, auch hier nach einer Aufgabe als freiwilliger Helfer. Es traf sich gut, dass ganz in der Nähe meiner Wohnung eine Unterkunft für geflüchtete Asylsuchende errichtet worden war. Dort gab es bereits einen Helferkreis, in den ich eingegliedert werden konnte. Es begann mit Hausaufgabenhilfe für Schulkinder und Unterstützung von zwei erwachsenen Frauen beim Erlernen der deutschen Sprache. Und ganz zufällig wurde ich gefragt, ob ich auch Fahrräder reparieren könnte. Viele der gespendeten Fahrräder waren reparaturbedürftig. Günther, ein Helferkollege, und ich begannen, eine Fahrrad-Reparaturwerkstatt einzurichten. Ja und dann kam Corona. Wir Helfer hatten keinen Zugang mehr zur Unterkunft. Die Zeit mit der Pandemie dauerte, wie wir alle wissen, viel länger als erwartet und ist noch immer nicht vorüber. Aber seit ein paar Wochen können wir trotzdem unsere ehrenamtlichen Tätigkeiten wieder wahrnehmen. Vieles hat sich verändert. Ich bin aus Gesundheits- und Altersgründen nicht mehr in der Lage, körperlich tätig zu sein. Günther ist an den Rollstuhl gebunden und kann damit nur eingeschränkt Fahrräder reparieren. Glücklicherweise konnten wir mit Gerhard einen sehr kompetenten Helfer hinzugewinnen.


Hausaufgabenhilfe ist weitestgehend nicht mehr erforderlich. Die Schule hatte schon mit Beginn der Pandemie eine Nachmittagsbetreuung für die Kinder eingerichtet. Aber es gab noch Lücken. So wurde zum Beispiel jemand gesucht, der Unterstützung beim Erlernen der englischen Sprache geben könnte. Ich bot mich an. Mohammed war schon vor der Pandemie einer meiner Schüler. Und jetzt sollte ich ihm die englische Sprache näherbringen. Meiner Meinung nach erlernt man eine Fremdsprache aber zunächst am besten mit Dialogen - hören, verstehen, sprechen und schreiben.

Die Feinheiten der Grammatik können später folgen. Von Anfang an spreche ich also nun fast nur englisch: „Good afternoon. How are you? What did you learn in school today today?“ Zur Vorbereitung der Lektionen suche ich immer eine interessante Episode aus meinem abenteuerlichen Leben, übersetze sie ins Englische und ziehe die wichtigsten Vokabeln heraus. Ich lese vor und bitte Mohammed, mir dann auf Englisch zu erzählen, was er verstanden hat. Wo Lücken sind, versuche ich zu umschreiben – notfalls auch schon mal auf Deutsch. Vor einiger Zeit brachte Mohammed Erfan mit, einen Klassenkameraden - und kürzlich kam noch ein Dritter hinzu: Musaf ist Pakistani. Er ist jünger als die beiden anderen und versteht noch wenig Englisch.


Meine Geschichten machen den Unterricht für sie so interessant, dass schon eine kleine Fan-Gruppe entstanden ist. Vielleicht wächst sie ja noch. Andächtig und mit leuchten- den Augen sitzen sie vor mir. Und wenn es zum Ende der Stunde kommt, sagen sie: „Schade, dass die Stunde vorbei ist, das ist sooo spannend.“ Sie erzählen mir, dass sie auch ferne Länder kennenlernen und Abenteuer erleben möchten. So ging es mir in ihrem Alter auch. Das gibt mir Bestätigung und Rückhalt für die nächste Lektion.

Mohamed hatte mehrfach gefragt, ob ich nicht Fotos aus meiner Kindheit oder Jugend mitbringen könnte. Ich besitze jedoch kaum Fotos aus der Zeit. Aber mir fiel ein, dass ich alle meine alten, ungültigen Reisepässe aufgehoben habe. Die drei haben sich köstlich darüber amüsiert, wie ein heute so „alter Mann“ einmal ausgesehen hat. Außerdem war ich selbst überrascht, wie viele Visa und Stempel sich in den Pässen befinden. Das hat Erinnerungen geweckt und bietet viel Stoff für weitere Abenteuer-Geschichten – natürlich auf Englisch.

 

IN DER KOLUMNE RÜCKBLICK BERICHTET GASTAUTOR PETER BORGWARD REGELMÄSSIG ÜBER PERSÖNLICHE ERLEBNISSE.

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