top of page
  • AutorenbildJO.

Ein Abendspaziergang über den Eichhof mit Sina Riecken

Knappe zehn Kilometer von Kiel entfernt, unweit der B 404, mitten in der schleswig-holsteinischen Natur in Großbarkau liegt der Eichhof von Familie Riecken. Als traditioneller Familienbetrieb hat sich Rieckens Landmilch im Norden einen Namen gemacht. Was als reiner Direktvertrieb startete hat

sich heute auf ausgesuchte Lebensmittelgeschäfte ausgedehnt. Um zu klären, wie die Produkte dorthin kommen und welche Zwischenschritte es alles braucht, treffe ich mich mit der jungen Hauswirtschaftsmeisterin Sina Riecken an einem lauen Abend Ende September für einen Spaziergang über den Hof.

Wir fangen am Hofladen an. Er bietet alles, was man im Alltag und auch für besondere Anlässe so braucht, insgesamt 250 Produkte – der größte Teil aus eigener Herstellung. Dazu gehören elf verschiedene Sorten Joghurt, vier verschiedene Sorten Frischkäse, mehrere Sorten Schnittkäse – zum Beispiel Bergkäse oder nach Gouda Art – und dann natürlich die Milch als reines Produkt oder als Milchmischgetränk. In der Mitte des Ladens steht die Fleischtheke. Familie Riecken schlachtet nur einmal im Monat, genau genommen erledigt das natürlich eine Fleischerei, bei Rieckens ist es die Fleischerei Fritze. Nachdem das zertifiziertes Bio-Fleisch dort langsam gereift ist, wird es in unterschiedlichen Cuts eingeschweißt und ist dann ausschließlich tiefgefroren bei Rieckens er- hältlich. Und das auch nur solange, wie der Vorrat reicht. „Wenn es alle ist, ist es alle, das ist auch ein Qualitätsmerkmal“, betont Sina Riecken. „Und besser für die Umwelt ist es auch, wenn nicht im Überschuss produziert wird.” Von hoher Qualität ist das Ochsenfleisch, denn die Tiere wachsen in aller Ruhe auf dem Hof heran und stehen drei Sommer lang auf den Weiden. Dieser natürliche Wachstumsprozess sorgt dafür, dass das Fleisch eine ganz besondere Marmorierung erhält und ein einzigartiges Aroma.

Wir verlassen den Laden, um die Abenddämmerung zu nutzen. „Ich zeige dir jetzt, wo unsere Milchprodukte und unser Fleisch herkommen, sozusagen vom Grund auf bei den Tieren begonnen.”, sagt Sina Riecken und führt uns vorbei an den Gebäuden in Richtung der Kuhweiden.


Der Betrieb Rieckens Landmilch befindet sich mitten im Dorfkern von Großbarkau. Ungefähr 500 Meter außerhalb liegen die ausgedehnten Weideflächen, auf denen die Tiere von März bis Oktober grasen. Gegründet wurde der Landwirtschaftsbetrieb von Sinas Urgroßvater – schon 1897 kaufte er den Hof. Das Haupthaus wurde 1910 nach einem Brand neu errichtet.

„Damals wurde auch die Eiche gepflanzt, daher hat der Hof seinen Namen: Eichhof.”, erzählt Sina Riecken. Heute befindet sich der Betrieb in der vierten Generation, bald ist Generationsübergabe.


„Mein Bruder studiert gerade in Witzen- hausen ökologische Landwirtschaft und ich bin hier in der Direktvermarktung.” sagt Sina Riecken stolz. Auf dem Weg hinüber zum Kälberstall treffen wir auf eine Praktikantin, die gerade ihren Eltern auch eine Führung über den Hof gibt. Wir grüßen freundlich und Sina erzählt, dass es ihrem Vater ein Anliegen ist, auch junge Leute auf dem Hof zu haben.


„Mein Papa ist total ambitioniert, immer sehr wissbegierig, hat Lust sein Fachwissen weiterzugeben und den Leuten ein anderes Bewusstsein einzuschärfen, zum Beispiel was heute ein vernünftiger Fleischkonsum bedeutet.” Das ist es auch, was den Fami- lienbetrieb so herzlich macht – ein menschlicher und verantwortungsvoller Umgang miteinander. Sinas Vater ist Betriebsleiter in der Landwirtschaft. Er weiß, dass Land-

wirte eine große Verantwortung tragen, zum Einen für das Wohl unserer Tiere, für den Erhalt einer gesunden Umwelt und für die Art, wie hochwertige Lebensmittel zum Verbraucher gelangen. Die Rieckens investieren viel Energie, Zeit und Geld, um in allen Bereichen enkeltauglich zu wirtschaften „– damit unser Land und seine Ressourcen auch unseren Kindern und deren Kindern noch zur Verfügung stehen.“


Auch der Großvater ist mit 82 Jahren als Senior noch dabei. Er tränkt jeden Tag die Kälber und sorgt sich um sie. Seine jahrelange Erfahrung ist essentiell für die sehr gute Kälbergesundheit auf dem Hof. Dazu kommen neben Sina und ihrer Mutter die Praktikant*innen und ein oder zwei Auszubildende pro Jahr. Das sind meist Lehrlinge im zweiten oder dritten Lehrjahr für die Landwirtschaft.


Links und rechts des Weges bietet sich uns ein erster Blick auf die Hofweiden und eine bunte Mischung von Kälbern verschiedener Altersstufen. „Wir haben schwarz-bunte Holsteiner, die sind ein klassisches Milch- vieh. Und dann haben wir gerade einen schönen Schoko-Karamell dazwischen laufen, das ist einer unserer Kreuzungskälber – eine Mischung aus Schwarz-Bunt und Limousin oder Charolais”, sagt Sina Riecken. Diese Rasse ist prädestiniert für die Fleischproduktion, sie sind viel runder am Rumpf als die kantigen Milchkühe.

Im Kälberstall stehen die frisch geborenen Kälbchen für die ersten Tage ihres Lebens in Einzelboxen. „Die Kälber kommen nach einem Tag von der Mama weg.”, erzählt Sina Riecken, „Das klingt für Viele nicht sehr romantisch, aber tatsächlich sehr logisch. Würden wir sie länger bei ihrer Mama lassen, wäre da eine stärkere Bindung und dann würden sie für eine Woche den ganzen Stall zusammen schreien und hätten länger Probleme damit auseinanderzugehen. Und hier in dem Kälberkindergarten, wie ich ihn immer nenne, sind sie in bester Gesellschaft, bekommen aber immer von ihrer eigenen Mama die Milch, das finde ich immer sehr besonders. Und es ist auch sehr wichtig für das Immunabwehrsystem, damit sie stark werden und einen guten Start ins Leben haben.” Nach zwei Wochen werden die Kleinen das erste Mal auf die Weide rund um den Kälberstall entlassen.


Auf dem Hof bei Rieckens werden das ganze Jahr über Kälber geboren, auch im Winter, „denn sonst hätten wir nicht das ganze Jahr über Milch”, sagt Sina, „eine Kuh gibt ja nur Milch, wenn sie ein Kälbchen geboren hat.”


Vom Kälberstall aus laufen wir den Hügel hinauf weiter in Richtung der Viehweiden. Dabei taucht die Abenddämmerung das Barkauer Land in ein weiches Licht – der Hof hinter uns, die Kühe in der Ferne, das grüne Gras. Die zahlreichen Blüten am Wegesrand fallen mir ins Auge. Sina erklärt, dass diese Blütenstreifen für die Insekten und die Bienen und im Spätsommer, wie jetzt, besonders wichtig für das Niederwild sind, denn die haben Schwierigkeiten in dieser Jahreszeit an Nahrung heran zu kommen. Insgesamt gibt es auf dem Hof der Rieckens vier solcher Blütenstreifen.


Familie Riecken hat auf ihrem Hof ein irisches Weidemanagement, das heißt, die Tiere sind auf verschiedene Parzellen verteilt und eine Parzelle wird nur einen Tag beziehungsweise eineinhalb Tage lang beweidet. Studierende der Uni Kiel, Praktikant*innen und Auszubildende messen wöchentlich die Graslänge in den einzelnen Parzellen, um den perfekten Energiehaushalt für ein Rind daraus zu ermitteln – kurz bevor das Gras in die Blüte geht.

„Die Tiere umschlingen das Gras ja mit der Zunge und reißen es dann ab und ab einer gewissen Graslänge ist das nicht mehr möglich“, erläutert Sina Riecken, „dann werden sie umgeweidet. Den richtigen Zeitpunkt zeigt uns unser Messgerät an.” Besonders Kleegras und Luzerne eignen sich laut der bodenständigen Hauswirtschaftsmeisterin, um die Milchleistung der Kühe zu optimieren.


Die Tiere verbringen acht Monate im Jahr, 20 Stunden am Tag auf der Weide. „Übrigens, Weidemilch darf schon so heißen, wenn die Kühe gerademal drei Stunden am Tag auf der Weide stehen, das wissen die Wenigsten!“ wirft Sina Riecken ein. Zweimal zwei Stunden, morgens um fünf und abends um vier oder fünf Uhr, gehen die circa 60 bis 70 Milchkühe in den Melkstand und werden gemolken.


Wie in jedem Milchbetrieb, reinigt ein Mitarbeiter zunächst das Euter, dann melkt er mit der Hand vor und setzt das Melkgeschirr an. Dieses hat Sensoren und melkt bis das Euter leer ist und es sich von selbst wieder vom Euter löst. „Viele konventionelle Betriebe gehen wirklich nur auf Leistung, auf Menge. Für uns steht eher die Balance zwischen den Tieren und uns selber im Mittelpunkt.


Natürlich ist es uns auch wichtig, dass wir eine gute Milchleistung haben, aber wir versuchen, da einen Zwischenschritt hinzubekommen, weil uns die Tiere wirklich wichtig sind.“, betont Sina Riecken. Im Winter bewegen sich die Kühe in einem sogenannten Laufstall mit einem Spaltenboden, Festgitter und Massagebürsten. Hier ist es luftig und die Tiere bekommen viel natürliches Licht.


Für die Produktion muss auch mal früh aufgestanden werden. Sinas Mutter,

Kherstin Riecken, steht immer freitags um drei Uhr morgens auf, um den Milchbetrieb für die Großkundentour vorzubereiten. „Ich brauche eine Vorlaufzeit für den Pasteur und für die Reinigung der ganzen Meierei, das ist circa eine Dreiviertelstunde.”, sagt sie, „Mein Mitarbeiter kommt um vier und dann sehen wir zu, dass wir die Milch abfüllen und den Kakao, den Eiskaf- fee und all das zubereiten, damit die Ware dann auch zeitnah auf die Touren kommt.” Mittlerweile ist die Sonne nahezu unter gegangen und wir begeben uns hinab von den hochgelegenen Weiden auf den Rückweg. Hierbei erzählt Sina von einem neuen Produkt, das Kund*innen ab dem nächsten Jahr erwarten dürfen – Käse vom Hof. Aktuell gibt es von Rieckens Landmilch schon Käse, der in Zusammenarbeit mit dem Käsehof Biss hergestellt wird – mit klangvollen Namen wie Gänseblümchen, wildes Veilchen und Kornblume. Zukünftig soll die Käseproduktion aber auf dem Hof stattfinden.

Wir bauen jetzt gerade ein professionelles, großes Käselager für Schnittkäse und für Weichkäse.”, erzählt Sina Riecken, „In diesem Käselager werden wir ganz viele neue Sorten nicht nur ausprobieren, sondern auch selbst entwickeln.


Viele Rezepte sind schon da und dann gehen wir einfach danach, was die Kunden wünschen. Bedarfsgerecht, denn zu viel Schnickschnack tut auch nicht gut.”. Für einen guten Geschmack soll die junge Käsemeisterin – genauer Käsetechnikerin – Julia Prosch sorgen. Sie ist neu am Hof und hat schon die erste eigene Rezeptur eingebracht – einen Fetakäse, denn der braucht kein Käselager, mit dem Namen „Fietje“. „Fietje” wird bald mit den anderen Produkten zum Verkauf stehen.


„Sie können auch ganz modern in den Online-Shop gehen oder über WhatsApp bestellen, uns eine Email schreiben oder anrufen. Gar kein Problem und dann liefern wir an die Haustür, wenn es in unserem Liefergebiet ist, zweimal die Woche.”, sagt Sina, denn Rieckens Landmilch schreibt es sich auf die Fahne, ein gesundes Gleichgewicht zu finden, zum einen ein traditioneller Landwirtschaftsbetrieb zu sein, der wie in guten alten Zeiten die Milch ins Haus liefert. Die Bestellung und Bezahlung jedoch erfolgt mit Hilfe der digitalen Möglichkeiten.


Die Rieckens sind genauso in ihrem Sektor der Landwirtschaft auf dem neusten Stand der Technik, immer mit einem besonderen Augenmerk auf das Tierwohl und die Qualität der Produkte. Und auch viele Cafés und Unternehmen in Kiel und Umgebung setzen auf die sehr gute Qualität der Ware von Familie Riecken – Schokodeern, Loppokaffee, Café Brunswik, Sonntagskind, Café Hilda, um nur einige zu nennen. Die Jungs von Packeis (JO. berichtete) verwenden den „Quark“ – die Rieckens nennen ihn Frischkäse – für ihr Himbeer-Quarkeis.


Wieder am Hofladen angekommen verabschiede ich mich von Sina und ihrer Familie, die uns zum Schluss noch kurz begleitet hat, und fahre hinaus aus der Natur, über die B 404, knappe zehn Kilometer zurück nach Kiel.


Rieckens Landmilch GmbH • Zum Eichhof 2 • 24245 Grossbarkau • www.rieckens-landmilch.de • Instagram: @rieckenslandmilch • Facebook: Rieckens Landmilch GmbH


0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page