Ausstellung noch bis 9. September in der Stadtgalerie Kiel
Die aktuelle Ausstellung der Stadtgalerie Kiel heißt „Public Relations – Poetik öffentlicher Kommunikation im Spiegel aktueller Kunst“ und präsentiert Kunstfreund*innen aus dem Norden Arbeiten von 13 Künstlerinnen und Künstlern. Jede(r) von ihnen setzt sich in unterschiedlichen Medien mit Formen der öffentlichen Kommunikation auseinander. Die Werke aus den Bereichen Film, Video, Skulptur, Fotografie, Druckgrafik, Installation, Videoinstallation sowie kinetische Objekte, Wand- und Bodenobjekte sind noch bis zum 9. September in der Stadtgalerie Kiel zu sehen.
Der Film „The Century of the Self “ (2002) setzt zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein und beschreibt den Beginn und die Verbreitung professioneller Public Relations, Massenmedien, Massen- demokratien und der Psychoanalyse als sich gegenseitig potenzierende und beeinflussende Phänomene. Der Filmemacher Adam Curtis (geboren 1955, lebt und arbeitet in London) zeichnet eine Entwicklung nach, in deren Verlauf zunächst unterbewusste Gefühle und Affekte bei der Erzeugung von Zustimmung für bestimmte Produkte und Inhalte berücksichtigt, bald die Bedürfnisse von Teilöffentlichkeiten durch psychologische Techniken systematisch analysiert werden.
Ihr Ideal finden Public Relations schließlich in einer Gesellschaft, in der Freiheit und Selbstbestimmung mit dem expressiven Ausleben von Emotionen gleichgesetzt werden.
Der Begriff Public Relations benennt zum einen professionelle Öffentlichkeitsarbeit, zum anderen ein weites Feld wechselseitiger Beziehungen zwischen Öffentlichkeit und Individuum. Die ausgestellten künstlerischen Positionen sind auf unterschiedliche Weise mit dieser Doppeldeutig- keit und damit verbundenen Phänomenen in Bezug zu setzen. Ausgangspunkt der Ausstellung ist es, Hinweise auf Funktion, Techniken, Bedeutung und Folgen wettbewerbs- orientierter Public Relations zu sammeln. In den Fokus rücken dabei insbesondere neue Orte von Öffentlichkeit und Formen öffentlicher Kommunikation im Zeitalter elektronischer Massenmedien, aktueller Konsum- und Dienstleistungsgesellschaften.
Wettbewerbsorientierte Public Relations finden vor etwa 100 Jahren ihren Ursprung in Technik und Funktion der Propaganda und in einem Schritt weisen Prozess, der mit Druckpresse, Telegraph, Zeitung, Telefon, Psychoanalyse und Meinungsforschung begann. Davon ausgehend greift die Ausstellung Entwicklungen und Konzepte, Methoden und Strategien der Public Relations auf.
Sie eröffnet Fragen zu deren Bedeutung für die Konstitution aktueller Konsumgesellschaften. Internet, elektronische Massenmedien, Massenspeicherung und algorithmische Auswertung von Informationen treten als Möglichkeiten des Marketings des 21. Jahrhunderts hinzu.
Als Resultat rückt ein Individuum in den Fokus, das nicht nur als Konsument und Rezipient, sondern auch als Produzent und Akteur in Erscheinung tritt. Der Zugriff auf digitale Technik prägt dabei die öffentliche Kommunikation und Öffentlichkeit.
In die raumgreifende Installation von Marian Luft (geboren 1983, lebt und arbeitet in Leipzig und Istanbul) sind mehrere Einzelwerke eingearbeitet. Zu sehen ist eine offene Anordnung von Verpackungsrückständen, Bauschaum, Epoxidharz, Rost, vertrockneten Kartoffeln und unauflösbarem Grind, in dem sich Fragmente von Labels, Logos, Styles und Verpackungen als Symbole, Stigmata und Embleme ablagern. Marian Luft entwirft Abbilder einer wettbewerbsorientierten Konsumgesellschaft, in der Branding, Aufbau und Pflege von Marken- und Produktidentitäten mit der Identitätsfindung, Selbstwahrnehmung und Selbstdarstellung der Endverbraucherinnen und Endverbraucher unmittelbar ineinander übergehen.
Im Zentrum der Video-installation „Inexcusable Heat“ (2016) von Leon Leube (geboren 1992, lebt und arbeitet in Berlin) steht der Ausschnitt einer Fernseh-sendung des Senders CNN-Philippines. Zu sehen ist ein Interview zwischen dem Präsidentschaftskandidaten Rodrigo Duterte, Senator Alan Peter Cayetano, der an dessen Seite für das Amt des Vizepräsidenten kandidiert, und einer Moderatorin. Das eingearbeitete Videomaterial, der Aufbau und die Materialität der Installation verdichten sich zu einem kontrastierenden Kommentar zu der hochauflösenden und massenmedialen Inszenierung Dutertes.
Fragestellungen um Formen, Möglichkeiten und Bedingungen der Repräsentation, der Kollektivierung und der Individualisierung, Konzepte von Öffentlichkeit und Identität in den aktuellen Konsum- und Dienstleistungsgesellschaften verbinden die gezeigten Arbeiten von Jonas Roßmeißl (geboren 1995, lebt und arbeitet in Leipzig und Uttenreuth). In einer raumgreifenden Installation finden sich Auszüge aus dem Werk „DienstleisterInnen Denkmal“ (2017) mit dem Film „Arbeiter verlassen die Fabrik für immer / Workers are going Home forever“ (2020, gemeinsam mit Jan-Luca Ott) in Bezug gesetzt.
Die Stadtgalerie Kiel freut sich die Werke der Künstlerinnen und Künstler Ute Barschel, Babak Behrouz, Adam Curtis, Soyon Jung, Nick Koppenhagen, Leon Leube, Marian Luft, Marge Monko, Franziska Opel, Jonas Roßmeißl, Jenny Schäfer, Christoph Schlingensief und Felix Thiele noch bis zum 9. September der Öffentlichkeit zu präsentieren.
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