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Wie das flüssige Gold nach Flensburg kam...

Eine 400 Jahre alte Geschichte – fortgeführt im Familienunternehmen „Wein & Rumhaus Braasch“ und zu erleben im „Braasch Rum Manufaktur Museum“ in der Roten Straße in Flensburg. Wohl kein anderes hochprozentiges Getränk ist so sehr mit Seefahrt und Küstenkultur verknüpft wie der Rum. Hoch im Norden Schleswig-Holsteins, in der Hafenstadt Flensburg, stellen Walter Braasch und seine Familie fast auf den Tag genau seit 20 Jahren in ihrer Manufaktur feinste Sorten davon her.


Was im Dezember 1999 mit dem „Chef-Rum“ begann, ist in- zwischen längst zu Marke und Begriff für hochwertigen Rum geworden. Darüber wollen wir mehr erfahren und lassen uns erst einmal von Walter Braasch in einer persönlichen Führung sein kleines Museum zeigen.


Erfunden wurde das Destillat aus Zuckerrohr in der Karibik. Aber gerade in den kühlen Gefilden von Nord- und Ostsee war und ist Rum auch in der dunklen Jahreszeit beliebt, weil er im heißen Grog Kälte vertreibt und gute Laune schenkt.


So wird dem britischen Royal-Navy-Admiral Edward Vernon die Erfindung des Grogs im Jahre 1740 zugeschrieben: die Seeleute sollen ihm den Spitznamen „Old Grog“ nach seinem schweren Mantel gegeben haben, einen sogenannten „grogram coat“ aus Wolle und Seide. Der von Vernon mit Wasser versetzte Rum hieß fortan also Grog.


Flensburg indes hat seine eigene Rum-Geschichte, die eng mit dem dänischen Königreich als alte europäische Kolonialmacht verknüpft ist.


Immerhin mehr als 400 Jahre lang gehörte Flensburg zur dänischen Krone, welche neben etlichen anderen Kolonien die drei „Dänisch Westindien“ genannten Karibik-Inseln St. Thomas, St. John und St. Croix zu ihrem Gesamtstaat zählte. Die Architektur auf den Inseln mit dem typischen gelben Ziegel, der als Ballast von der Flensbur- ger Förde kam, wie auch die Straßennamen bezeugen noch heute die Präsenz und den damalig gelebten Reichtum der dänischen Kolonialherren.


In gewisser Weise waren die Flensburger jener Zeit also auch Bürger der warmen, sonnigen Karibik. Zwar ist es in ihrer Stadt überwiegend nordisch frisch. Ein goldfarbenes, gehaltvolles Getränk aber lässt die Sonne bei Genuss auch dort rund ums Jahr von innen scheinen: der Rum.


Im 18. Jahrhundert brachte ihn neben dem Rohrzucker die Westindien-Flotte aus der Karibik in die drei zu jener Zeit bedeutendsten dänischen Handelshäfen Kopenhagen, Altona und eben Flensburg.


In der Blütezeit des Rums soll es in der Fördestadt an die 200 Rumhäuser gegeben haben. Während seiner Lehrzeit in den 1970er-Jahren seien es immerhin noch rund 25 gewesen, erinnert sich Walter Braasch. „Aber der Markt befand sich im Umbruch und so machte ich mich 1976 zunächst mit dem Handel von Weinen und Spirituo- sen selbstständig“, blickt er zurück.


Sein Interesse am Rum aber hatte er sich bewahrt und als Ende der 1990er-Jahre das letzte große Haus in Flensburg seine Produktion einstellte, sah Walter Braasch seinen Moment gekommen: Im Dezember 1999 legte er ein altes, unvergessenes Rezept aus Lehrlingstagen neu auf – den „Chef-Rum“.


„Immer, wenn ich als Lehrling den Satz ‚Mok mi mal ’n paar Buddeln Chef-Rum' hörte, sollte es eine ganz besonders hochwertige Qualität sein“, erzählt Walter Braasch.


Dabei sei es auf die perfekte Zusammensetzung verschiedener, besonders alter, gelagerter und gereifter Rumtypen angekommen, verrät er. Die Rum-Fabrikanten ließen ihn nach eigener Rezeptur nur zu besonderen Anlässen in kleinster Auflage fertigen. In den Verkauf kam so etwas nicht. „Dat is veel to düer, dat mööt wi allns alleen drinken!“, hätte sein Chef immer gesagt.


Aber genau jene Sorgfalt bei der Herstellung und die hochwertigen Zutaten sind bis heute die Grundlage für alle Sorten, die im Rum- haus Braasch entstehen.


Zu finden ist es im Süden der Roten Straße, die von schönen Hand- werker- und Kaufmannshöfen geprägt ist. Die denkmalgeschützte historische Hofanlage fällt gleich ins Auge durch die rote Fassade, dahinter der Laden mit einem Feldsteinkeller aus dem 13. Jahrhun- dert, ein lauschiger Innenhof, weitere historische Gebäude und im zweiten Innenhof schließlich das moderne Museum.


„Gebrannt wurde Rum übrigens nie in Flensburg, sondern immer dort, wo das Zuckerrohr als Rohstoff dafür geerntet wurde“, klärt der Destillateur auf. Weil Zuckerrohr „im Handumdrehen“ verderbe und innerhalb von 24 Stunden gepresst, erhitzt und eingedickt werden müsse. „So entstehen der Rohzucker und die Maische, die anschließend destilliert wird“.


Die meisten seiner Sorten sind echte Rums. „Bei ihnen besteht schon der Grundalkohol aus aromatischem, heute vorwiegend über Amsterdam, Rotterdam, Hamburg und London gehandelten Jamaika-Rum, in den wir die verschiedenen, schweren Pure-Rums hineinverschneiden.“


Die besondere Privat-Serie umfasst Raritäten aus Einzelfässern. Und dann gibt es da noch die Spirituosen. Experte Walter Braasch klärt dazu auf: „Sobald etwas anderes hinzugefügt wird, heißt ein Rum nach europäischem Recht nicht mehr Rum, sondern „Spirituose“.

Auch wenn köstliche, geschmacksgebende Vanilleschoten darin nur eingelegt waren und der filtrierte Rum später in die Flasche kommt. Oder wenn Madeira, Portwein oder Cream-Sherry hinzugefügt werden.


Damit spielt er auf eine weitere Spezialität aus eigener Herstellung an: Dies sind die fein-süßen „Premium Canes“, die besonders bei den skandinavischen Kunden der Grenzstadt Flensburg sehr beliebt sind.


Produziert, abgefüllt und gelagert wird übrigens außerhalb der Altstadt. „Denn auch hier gibt es Gesetze, die einen sehr hohen Anspruch an Hygiene und Sicherheit stellen“, erzählt Walter Braasch, „und dazu ist unser Hof einfach zu eng und zu klein.“


Heute führt der gebürtige Flensburger die Geschäfte gemeinsam mit Sohn Kars- ten, und seine Frau Yvonne gestaltet mit Schwiegertochter Katharina das Erschei- nungsbild des Hauses Braasch.

„Das reicht von der Öffentlichkeitsarbeit bis zur Dekoration des Ladens“, zählt Yvonne Braasch auf, die als Grafikerin das Geschäft auch fotografisch in Szene setzt und nicht nur die individuellen Etiketten für die eigenen Produkte entwirft.


„Wir sind ein echtes Familienunternehmen“, fügt sie nicht ohne Stolz hinzu: „Wir finden uns täglich an unserem runden Tisch im Kontor zusammen, um Ideen für das Geschäft zu entwickeln – die Männer mit Zunge und Gaumen und wir packen es ein“, lacht sie. Ihr Mann nickt zustimmend. „Ich denke, wir machen vieles richtig und haben viel Freude dabei“, sagt er und ergänzt bildhaft: „Wenn wir uns morgens treffen, sitzen wir hier wie angezündet vor Begeisterung für das, was wir tun“.


Dazu komme eine offene Unternehmenskultur, die alle Mitarbeiter mit einbeziehe und eine enge Bindung zwischen Familie und Belegschaft schaffe. Zeichen der Verbundenheit seien etwa der Feierabendschluck für alle, der im Sommer im Innenhof „auch mal länger“ dauern könne oder die Art, wie mit dem Trinkgeld um- gegangen werde: „Das wird nicht jeden Abend geteilt, sondern gesammelt und ab und an gemeinsam auf den Kopf gehauen“, sagt Walter Braasch lachend.


Das Herz der Familie schlägt für Flensburg. Braasch war zehn Jahre lang in der Voll- versammlung der Industrie- und Handelskammer tätig, sechs weitere Jahre deren Präsident. Yvonne Braasch fügt hinzu:

„Wir haben die hiesigen gesellschaftlichen Entwicklungen im Blick und suchen das Gespräch mit der Stadt, wenn wir Vorschläge haben“, sagt sie.


Zu Beginn der 1980er-Jahre, als Walter Braasch mit seinem Geschäft in die Rote Straße umzog, sei diese übrigens eher noch „eine 2b-Lage“ gewesen. Gemeinsam mit seinem Nachbarn und Galeristen Günter Kruse sieht er sich heute als „Initialzün- dung“ für die Entwicklung zur angesagten Location mit Flair und Charakter.


„Wir tun sehr viel für diesen Standort. Auf der Internetplattform TripAdvisor haben die Gäste die Rote Straße in diesem Jahr auf Platz 2 der besten Sehenswürdigkeiten in Flensburg katapultiert. Und unter die TOP 20 in ganz Schleswig-Holstein.“

Auch der Zusammenschluss der hier angesiedelten Geschäftsbetreiber habe nicht lange auf sich warten lassen und Braasch war für lange Zeit Vorsitzender der IG Rote Straße.


Ende der 1990er-Jahre ergriff der Destillateur die sich ihm bietende Gelegenheit

beim Schopf, die jetzige Hofanlage zu kaufen. „In einem ziemlich schlechten Zu- stand“ zwar, räumt er ein. „Aber wir hatten den Vorteil, dass alles komplett leer war und wir alles sanieren konnten, ohne um unsere Ladeneinrichtung herumarbeiten zu müssen.“


Und die Familie? Sohn Karsten wollte eigentlich Koch in Hamburg werden, sah die Entwicklung des väterlichen Betriebes aber als Chance, hat stattdessen hier Einzel- handelskaufmann gelernt und, denkt Vater Walter Braasch rückblickend, „Spaß an der Sache gefunden.“


„Als ich IHK-Präsident wurde, ging das nur, weil Karsten bei uns voll eingestiegen ist und mich unterstützt hat“, sagt er. „So intensiv, so gut und inzwischen auch schon so lange, dass wir im vergangenen Jahr eine OHG gegründet haben. Nun sind wir beide Gesellschafter – und ich bin sehr froh über diese Nachfolge für unser Geschäft.“

Auch Karsten Braasch ist inzwischen bestens vernetzt und engagiert sich im Handelsausschuss der IHK, bei den Wirtschaftsjunioren, bei den Rotariern und natürlich auch in der Roten Straße. „Ich bin sehr stolz auf ihn“, sagt sein Vater.


Und Yvonne Braasch? „Meine Frau ist 1999 dazugekommen, als ich eine Filiale in der Holmpassage hatte und sie von Hamburg aus die Werbung für das Center machte“, erzählt Walter Braasch. „Dort haben wir uns gesehen – und gefunden“, nimmt Yvonne Braasch den Ball auf, „im Juni haben wir uns noch gesiezt, im Dezember waren wir verheiratet“. Und vom Gewinn für das Herz einmal abgesehen, sei es un- glaublich schön, „was hier in der Familie gelebt wird.“


Deshalb habe sie ihre Zelte in Hamburg abgebrochen und sei nach Flensburg ge- kommen. „Und das war gut so“, sagt Walter Braasch liebevoll.


Als Sohn Karsten seine Katharina gefunden hatte, sei sowieso alles gut gewesen und jetzt sei man „ein richtig gutes Team“, dessen größtes Ziel es ist, „unsere Kunden zufrieden zu sehen“.


Das Braasch Rum Manufaktur Museum kann täglich während der Ladenöffungszei- ten kostenfrei besucht werden. Außerdem gibt es im Sommer die offenen Mitt- wochs-Führungen. Weitere Informationen zu individuellen Gruppenführungen durch das Braasch Rum Manufaktur Museum erhalten Sie unter Tel: +49 (0)461 – 14 16 00 sowie unter wein-rum@braasch.sh.


Alle Rum-Sorten von Braasch, auch Liköre, ein eigener Gin, Obstbrände, Weine, Rum-Pralinen, eine Auswahl hausgemachter Fruchtaufstriche, den beliebten Rumtopf und vieles mehr gibt es exklusiv vor Ort oder Online.


Braasch Wein & Rumhaus Rum Manufaktur Museum Rote Straße 26-28 • 24937 Flensburg Tel. 0461 – 141600 • www.braasch.sh


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