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„Ich bin kerngesund und fühle mich rundum fit. Warum jetzt schon mit einer Vollmacht vorsorgen?“

Unsere Leser fragen, Rechtsanwälte und Notare aus der Region Kiel antworten:



Arne Bruns:


Ein schwerer Unfall oder eine plötzliche Krankheit können unabhängig vom Alter jeden treffen. Dies kann auch dazu führen, dass Ihre Geschäftsfähigkeit verloren geht. Ohne diese können Sie aber nicht mehr aktiv am Rechtsverkehr teilnehmen. Auch enge Verwandte oder Ehegatten sind ohne eine entsprechende Bevollmächtigung nicht befugt, in Ihrem Namen im Rechtsverkehr zu handeln.


Fehlt es in einem solchen Fall an einer ausreichend bevollmächtigten Person, sieht das Gesetz die gerichtliche Bestellung eines Betreuers vor, der Sie dann umfassend oder in Teilbereichen vertreten soll.

Betroffene können dabei mitunter aufgrund Ihres Zustandes kaum noch Einfluss darauf nehmen, wer dieser Betreuer ist.


Gesetzliche Betreuung vermeiden


Haben Sie indes eine Vollmacht erteilt, kann der Bevollmächtigte Rechtsgeschäfte in Ihrem Namen durchführen. Je nach Reichweite der Vollmacht könnte dieser beispielsweise gegenüber Banken, Behörden und Gerichten in Ihrem Namen handeln. Bei Erteilung einer Vollmacht müssen Sie allerdings noch in der Lage sein, geschäftliche Erklärungen abzugeben.


Im Zustand einer Geschäftsunfähigkeit wäre dies folglich nicht mehr möglich. Sinn einer Vorsorgevollmacht ist daher meist, vorsorglich eine Vertrauensperson so umfassend zu bevollmächtigen, dass eine Betreuerbestellung bei etwaigem Verlust der Geschäftsfähigkeit gar nicht mehr notwendig ist.

Bei Bevollmächtigung gleich mehrerer Personen sollte klar geregelt werden, inwieweit diese auch einzeln vertretungsberechtigt sind. Andernfalls wäre eine Vertretung immer nur gemeinsam möglich, was vielleicht eine bessere Kontrolle bedeutet, in der Praxis aber sehr kompliziert werden kann.


Eine Vollmacht kann auch missbraucht werden


Manche Vollmachtgeber deponieren die Vollmachtsurkunde zunächst noch bei sich und informieren den Bevollmächtigten nur, wo er sie im Bedarfsfall wie Unfall oder Krankheit finden kann. Komplizierter ist in aller Regel, die Vollmacht von vornherein im Außenverhältnis zu beschränken, also die Vertretung gegenüber Dritten von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen. Zu bedenken ist dabei nämlich, dass der Bevollmächtigte diese Bedingungen voraussichtlich in jedem Falle der Verwendung der Vollmacht rechtssicher nachweisen müsste.


Seien Sie sich jedenfalls bewusst, dass eine Vollmacht dem Bevollmächtigten je nach Umfang weitreichende Vertretungsmacht im Außenverhältnis verleiht. Das birgt so oder so immer auch die Gefahr eines Missbrauchs. Bevollmächtigen Sie also nur Personen, denen Sie entsprechend vertrauen. Falls das Vertrauen nach Erteilung der Vollmacht schwindet, sollten Sie diese stets widerrufen und eine etwaig ausgehändigte Vollmachtsurkunde unbedingt zurückfordern.


Vorsorgevollmacht und Notar


Grundsätzlich gelten für eine Vollmacht keine Formvorschriften. Beispielsweise bei Grundstücksgeschäften durch einen Bevollmächtigten muss die Vollmacht aber in grundbuchlicher Form nachgewiesen werden. Das setzt zumindest eine notariell beglaubigte Vollmacht voraus. Nicht selten entscheiden sich Vollmachtgeber aber dazu, eine Vorsorgevollmacht sogar notariell beurkunden zu lassen. Dahinter steht meist der Wunsch, bezüglich einer Akzeptanz im Rechtsverkehr möglichst weitgehend vorzusorgen und dem Bevollmächtigten den Vollmachtsnachweis sehr einfach zu machen. Ein Notar berät zudem schon im Zuge der Vorbereitung seiner Urkunde zu deren rechtlichen Wirkungen und etwaigen Gestaltungsalternativen. Er soll natürlich auch möglichst rechtlich eindeutige Formulierungen wählen.


Zentrales Vorsorgeregister


Sie können eine Vorsorgevollmacht auch im „Zentralen Vorsorgeregister“ registrieren lassen. Im Falle eines Betreuungsverfahrens wird zunächst durch eine Registerabfrage geprüft, ob nicht bereits eine Vorsorgevollmacht vorliegt, die eine Betreuerbestellung gegebenenfalls überflüssig macht.


 

Autorenporträt:

Arne Bruns (46) ist Rechtsanwalt und Notar mit Sitz in Kiel sowie Fachanwalt für Familienrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im Zivilrecht, neben dem Familienrecht insbesondere im Bereich des Wirtschaftsrechts. Herr Bruns vertritt die Interessen seiner Mandanten umfassend sowohl im gerichtlichen Prozess als auch in der außergerichtlichen Auseinandersetzung und bei der Vertragsgestaltung. Er ist Mitglied der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer und der Schleswig-Holsteinischen Notarkammer.

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