Ausstellung zeigt Weberei, Malerei, Objekte und Fotografie
Gab es bedeutende Künstlerinnen am Bauhaus – und wo finden wir sie? Dieser Frage ist das Frauenmuseum Bonn in einer Ausstellung zum 100-jährigen Jubiläum des Bauhaus 2019 nachgegangen. Für die Präsentation in Neumünster wurde die Ausstellung mit dem Schwerpunkt Weberei und regionalem Bezug umkonzipiert.
Das Museum Tuch + Technik zeigt die Ausstellung „Das Bauhaus – Künstlerinnen gestern und heute“ in Kooperation mit dem Frauenmuseum Bonn.
Das Bauhaus, eine Hochschule für Kunst und Handwerk, bestand von 1919 bis 1933. Arbeiten aus dieser Zeit setzen weltweit Trends in Architektur und Design. Nach anfänglicher Gleichberechtigung wurde Studentinnen am Bauhaus später häufig der Werkbereich Weben zugewiesen, die sogenannte Frauenklasse. Wirtschaftlich gesehen war der Bereich jedoch der erfolgreichste. Er ging ab 1927 von der Handweberei in die industrielle Produktion über.
Gunta Stölzl (1897-1983), die einzige Meisterin am Bauhaus, leitete die Weberei und baute nach ihrer Emigration in die Schweiz ihr eigenes Textildesign auf. Anni Albers (1899-1994) konnte nach dem Zweiten Weltkrieg eine Weltkarriere als Textilkünstlerin aufbauen. Otti Berger (1898-1944) versuchte sich mit ihrer innovativen Weberei eine unabhängige Existenz aufzubauen. Ihr Leben endete 1944 in Auschwitz.
Diese und andere Künstlerinnen des Bauhaus sind eine reiche Inspirationsquelle für ihre heutigen Kolleginnen, allen voran die Weberinnen, deren Arbeiten ebenfalls in der Ausstellung gezeigt werden. Zusätzlich sind Arbeiten zeitgenössischer Malerinnen zu sehen, die sich an der reduzierten und klaren Formensprache des Bauhaus orientieren. Installationen beziehen sich auf die damals verbreitete, auch von Bauhaus-Meistern vertretene Ansicht, Frauen könnten nicht räumlich denken. Ein vier mal zwei Meter großes Wandgemälde zeigt die Studentinnen am Bauhaus nach einer historischen Fotografie. Ein Gegensatz zur kühlen Bauhausarchitektur ist die Gruppe archaischer Wohntürme aus ungebranntem Lehm. Eine fotografische Position zeigt Architektur der 1920er Jahre in Magdeburg.
"Das Bauhaus – Ein Klassiker der Moderne, der heute noch große Bedeutung mit seiner Formensprache, seinen Möbeln, Häusern und Webarbeiten hat. Das Bauhaus war ein Versprechen – ein Versprechen für Demokratie und Gleichberechtigung. Mit Ende des Ersten Weltkriegs und dem Ausruf der Weimarer Republik, der ersten deutschen Republik, sollte sich die „alte Werteordnung“ auflösen. Es war die Zeit des Aufbruchs und der Befreiung. Plötzlich gab es Raum für Kreativität und neue künstlerische Freiheit.
Für die Frauen war es besonders verlockend, endlich studieren zu können, nicht hinter den Männern stehen zu müssen. Sie hatten gerade das Wahlrecht erlangt. So hätte es weitergehen können.
Aber dieses Versprechen konnte das Bauhaus den Frauen gegenüber nicht einhalten. Die Männer, die Meister, gaben ihre Dominanz nicht auf. Sie kamen aus der Kaiserzeit und dem Ersten Weltkrieg und waren in den Rollenvorstellungen dieser Zeit verhaftet.
Gleichberechtigung war eine schöne Idee, aber die Schöpferkraft gehörte zum Mann und Genie war unbedingt männlich. Die Frau stand für das Erhaltende, Versorgende, Bewahrende. So dachten die Meister. Nach einem Jahr am Bauhaus war klar: Die Studentinnen würden so ohne Weiteres doch nicht Architektinnen, Metalldesignerinnen oder Möbelbauerinnen werden können. Es entstand die sogenannte Frauenklasse, die Weberei."
- Petra Genster, Kuratorin der Ausstellung
Die älteste Künstlerin der Ausstellung ist Brigitte Schirren, geb. 1932. Vertreten mit Malerei, Windtüchern (270 x 120 cm) und Textilminiaturen 20 x 10 cm, exquisite Stickarbeiten, die Sandkissen. Ihr Vater war Webmeister bei Else Mögelin, die am Bauhaus in Weimar studierte, nicht mit nach Dessau ging und eine eigene Weberei bei Berlin aufbaute. Else Mögelin und Brigitte Schirren waren von der ersten Lebensminute verbunden. Brigitte Schirren hat den Bugenhagen Wandteppich in der Nikolaikirche Kiel nach einem Entwurf von Else Mögelin gewebt. Else Mögelin war nach 1946 Dozentin an der Hochschule in Hamburg. Die Ausstellung zeigt den Teppich Trauer und Tröstung von 1946 von Else Mögelin.
Wie wollen wir wohnen? Das war eine Bauhausfrage.
Ingrid Grießer geht mit dieser Frage nochmal einen deutlichen Schritt zurück. Ihre Türme muten archaisch an. Sie benutzt Lehm, lange vergessenes Baumaterial, jedoch kein klassischer Werkstoff am Bauhaus. In den letzten Jahren kommt Lehm zurück, zur Nachhaltigkeit, zum natürlichen Bauen. Grießers Position steht dem Kubus, der kühlen reduzierten Formensprache entgegen, nutzt ihn aber gleichzeitig.
Die Ausstellung im Museum Tuch + Technik ist bis zum 21. Mai zu sehen.
Museum Tuch + Technik
Kleinflecken 1 • 24534 Neumünster
Tel 04321 – 559 58 15
Fotos u.a. Dorothe Jacobs und Monika Krebs
Comments